Kennt ihr das? Ihr macht etwas weil es einfach mal gemacht werden sollte und fragt euch im Nachhinein, warum ihr das nicht schon viel früher gemacht habt? So ging es mir nach meinem Motorsägenlehrgang. Wer Brennholz selbst im Wald machen will, muss nachweisen, dass er mit einer Motorsäge umgehen kann und die Sicherheitsvorschriften kennt. Dies gilt zwar aktuell nicht, wenn man eigenen Wald hat, aber schaden tut es nun wirklich nicht.
Ich wäre allein nie auf die Idee gekommen einen Motosägenlehrgang zu machen. Hätte man mir früher gesagt, dass ich mal in Wald geh und Bäume fällen werde, hätte ich ich ihn für verrückt erklärt. Bedingt durch den eigenen Wald, wollte mein Schatzi aber einen Kurs machen und sich zukünftig um den Wald kümmern. Für mich war dann sofort klar, allein in Wald geht er bestimmt nicht. Was ist wenn etwas passiert? Ich mach den Kurs auch und dann gehen wir zusammen. Ich verfolgte aber eher das Ziel, dass ich weiss wie ich reagieren muss, wenn was passiert. Also meldeten wir uns zu dem Kurs an.
Voraussetzung zur Kursteilnahme war:
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Mindestalter 18 Jahre
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vollständige Schutzausrüstung bestehend aus einem Forsthelm, Schnittschutzhose, Schnittschutzschuhe, Handschuhe
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Motorsäge mit allen erforderlichen und funktionierenden Sicherheitseinrichtungen (vollgetankte Motorsäge inkl. Werkzeug und entsprechenden Feilen)
Also gingen wir shoppen. Das gestaltete sich für mich allerdings schwieriger als erwartet, da es sehr untypisch ist, dass eine Frau in Wald geht. Angefangen haben wir mit der Schnittschutzhose. Natürlich brauchte ich eine Sondergröße, das hieß, ich musste die teuerste Marke nehmen. Alle anderen hatten nur Standardgrößen und die passten mir nicht. Weiter ging es mit den Schnittschutzschuhen. Meine Schuhgröße gab es nicht, also musste sie extra für mich bestellt werden. Da fehlte ja aber auch noch der Forsthelm. Und auch diese Größe war schwierig. Zu guter letzt brauchte ich ja auch noch eine Motorsäge. Sie sollte Leistung bringen, aber durfte nicht zu schwer sein. Schließlich war ich auch nicht super trainiert und ich wollte ja nicht, dass mir die Arme abfallen. Nichts desto trotz habe ich alles gefunden und war endlich ausgestattet.
Als wir alles daheim hatten, ging es ans üben. Ich wollte unbedingt zumindest einmal mit der Motorsäge irgendwas gesägt haben, ich wollte ja nicht wie ein Depp aussehen im Wald. Die Motorsäge zum laufen zu bringen war für mich am Anfang schon eine Herausforderung. Mein Schatzi zeigte mir alles geduldig. Ich war also für den Kurs gewappnet.
Der Kurs bestand aus einem Tag Theorie und einem Tag im Wald. Nichtsahnend stiefelte ich also mit meinem Schatzi in den Seminarraum. Na super, lauter Männer. Ich war die einzige Frau und alle starrten mich entsetzt an. Ich dachte mir nur, na dass kann ja heiter werden.
Der Theorieteil bestand aus folgenden Lehrinhalten:
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allgemeine Infos zur Arbeitssicherheit und Unfallverhütung
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Wartung und Pflege der Motorsäge
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grundsätzliches Arbeiten mit der Motorsäge
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fachgerechtes Fällen von Holz
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Holz unter Spannung
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Aufarbeitung von liegendem Holz
Ich hörte fast alle Inhalte zum ersten mal und dachte nur, oh mein Gott, wie soll ich mir das alles merken. Damals gab es noch keine schriftliche Prüfung, nun ist das anders. Unser Kursleiter der Friedl war selber jahrelang beruflich im Wald, auch in Extremsituationen und vollbepackt mit Muskeln. Der Theorieteil war spätabends vorbei und am nächsten Tag ging es sehr früh in Wald. Ich hatte wirklich Angst, einerseits von unserem Kursleiter (der aber ein ganz lieber war), anderseits musste ich ja auch die gelernte Theorie am nächsten Morgen anwenden. Also fing ich gleich nach dem Unterricht an, die Unterlagen nochmals durchzulesen bis ich totmüde ins Bett gefallen bin.
Der frühe Vogel fängt der Wurm. Am nächsten morgen ging es in aller Frühe schon in Wald. Zuerst gab es eine allgemeine Einweisung. Dann lernten wir die Baumansprache und zu guter Letzt wurde uns gezeigt wie man einen Baum richtig und kontrolliert fällt. Ich war mit allem total überfordert. Immer wenn unser Kursleiter fragte ob es alle verstanden haben, war ich die einzige die nein nickte. Ich bekam dann jedesmal eine Einzelstunde und fühlte mich schon irgendwie schlecht, weil alle auf mich warten mussten. Er nahm sich aber Zeit für mich und erklärte mir alles nochmal Schriftt für Schritt in Ruhe. Dann kam die Prüfung. Ich wollte unbedingt zuerst anfangen, damit ich es hinter mir hab. Meine Hände zitterten ohne Ende und es kam wie es kommen musste. Ich bekam vor lauter Aufregung die Motorsäge nicht an. Hilfe, das fängt ja gut an, dachte ich mir nur. Unser Kursleiter half mir aber sofort und es ging los. Baumansprache, Baumfällen, Entasten und Meterstücke sägen. Alles klappte wie am Schnürchen und ich war sowas von erleichtert und glücklich. Jeglicher Druck fiel von mir ab. Ab dem Zeitpunkt konnte ich mich zurück lehnen.
Dann sah ich den Männern zu, denn diese waren plötzlich auch nicht mehr alle so cool wie vorher. Der eine stotterte bei der Baumansage, der andere bekam den Baum nicht zu Boden. Plötzlich fiel mir erst auf, dass ich gar nicht die schlechteste in dem Kurs war. Die Jungs waren sich auch unsicher und hatten sich vorher einfach nur nicht getraut sich zu melden, wenn sie etwas nicht verstanden hatten. Das tat mir wirklich sehr gut, denn vor lauter Selbstzweifel hatte ich das total übersehen. Dann war es soweit, die Entscheidung ob die Prüfung bestanden wurde oder nicht. Und am Ende bekam ich mein Zertifikat. Das waren wirklich sehr großartige Glücksgefühle und ich hatte ein neues Hobby gefunden.
Seit dem Tag gehen wir zusammen in den Wald und es macht mir wahnsinnig viel Spaß. Es ist ein super Workout, man bekommt den Kopf herrrlich frei und jeglicher Ballast und schlechte Stimmung ist im Wald vergessen. Plus: Der Wald ist aufgeräumt.
Ich frage mich im Nachhinein wirklich warm ich das nicht schon früher gemacht hab. War es die Angst oder weil ich dachte, dass ist nichts für Frauen? Ich kann euch aber sagen, dass eine Frau genauso gut im Wald klarkommt, wie ein Mann. Waldarbeit ist nicht nur Männersache. Wir können das auch! Wir müssen uns nur trauen.
Habt Ihr Fragen zur Waldarbeit oder über den genauen Ablauf eines Motosägenkurses, hinterlasst mir einen Kommentar. Ich freue mich drauf.
Falls Ihr Interesse an einem Kurs habt, werft doch mal einen Blick auf die Homepage von meinem Kursleiter Friedl Koblinger vorbei.